Die englische Autorin (und Seglerin) Julia Jones ist so etwas wie der unentdeckte Geheimtipp des letzten Literaturboot-Festivals, welches ja nun auch schon mehr als ein Jahr zurück liegt. Seither hat sich jedoch einiges getan, dazu gleich mehr.
Worum geht es? Jugendromane in der Tradition von Arthur Ransome, wenn auch um Längen besser, finde ich, als die „Originale“ von eben jenem Ransome, dessen Leben selbst wie ein Roman erscheint (hier geht es zum Literaturboot-Autorenportrait). Bleiben wir zunächst beim „Salt stained book“, dem ersten Band einer Trilogie von Weltklasse. Große Abenteuer, große Gefühle, tiefe menschliche Abgründe, aber eben auch Freundschaft, Solidarität, Hilfsbereitschaft – und alles das ganz wunderbar geschrieben. Eine Jugendgeschichte, die auch jedem Erwachsenem ans Herz geht – sofern diese erwachsene Person denn eins hat. Gäbe es hier eine solche Wertung, dann gäbe ich hierfür fünf von fünf Sternen: Ohne Wenn und Aber einfach nur gut.
Also, noch einmal. Worum geht es? Jugendbücher im Segelmilieu, angesiedelt an der englischen Ostküste. Es geht auch um eine ungewöhnliche Familiengeschichte, um Behinderungen und Behördenwillkür und Menschenhandel und einiges mehr. Jugendliche kämpfen sich durch, wider alle Umstände, werden erwachsen. Lassen ein Verbrechernetzwerk der übelsten und brutalsten Sorte auffliegen. Hauptperson ist der anfangs 13-jährige Donny mit seiner taubstummen Mutter, der in die Mühlen des Sozialsystems mit all seinen Härten und Ungerechtigkeiten und all seiner Willkür gerät nachdem die Oma, die sich immer um alles kümmerte, starb. Donny, der aber bei allen scheinbar ausweglosen Problemen auch neue Freunde und Verbündete findet, die er auch dringend braucht – denn ohne es zunächst zu wissen hat er es mit mächtigen kriminellen Feinden zu tun. Im ersten Band rettet er seine Mutter aus der Psychatrie, findet ein lang gehütetes Familiengeheimnis heraus und lernt segeln. Überhaupt, segeln. Das spielt eine sehr große Rolle in diesen Büchern, es ist toll wie es in die Handlung eingebaut wird und wie die Jugendlichen mit ihren Jollen ihre seglerischen Fertigkeiten entwickeln, das Leben mit Wind und Wetter und Gezeiten auf den ostenglischen Flüssen Stour und Orwell. Dann kommt auch noch eine mysteriöse Großtante aus China ins Spiel, die in ihrer wundervollen Dschunke „Strong Winds“ angesegelt kommt…
Im zweiten Band, „A ravelled flag“, spitzt sich die Geschichte zu. Donny und seine Freunde kämpfen immer noch gegen Bürokratenwillkür und Brutalität, doch allmählich zeigt sich, dass der fiese Polizist und die sadistische Jugendbetreuerin einen kriminellen Hintergrund haben: Es geht um die skrupellose Ausbeutung illegaler Einwanderer aus China, die wie Sklaven gehalten werden – und durch seine Großtante hat Donny eine ganz direkte Beziehung dazu.
Im dritten Band, „Ghosting home“, findet der furiose Abschluss statt. Aufgeklärt werden nicht nur die kriminellen Machenschaften, sondern auch die sehr speziellen Familienverhältnisse – Donnys Leute sind schon ungewöhnlich und unkonventionell, um es mal vorsichtig zu sagen.
Alle drei Bücher sind unglaublich spannend, echte „page-turner“ – man will, muss einfach wissen wie es weiter geht, wie Donny und seine Freunde es schaffen – nicht nur als Jugendlicher, auch als Erwachsener wird man sich dem Sog dieser Geschichten kaum entziehen können. Bis jetzt sind diese Bücher leider nur auf Englisch erschienen und obwohl in Flensburg an einer sehr guten Übersetzung gearbeitet wird, aus der auf dem Literaturboot-Festival gelesen wurde, muss sich noch ein deutscher Verlag finden der diese Bücher auch hierzulande heraus bringt.
Aber auch für Nicht-Engländer sind die Bücher gut lesbar, dank einer einfachen, aber klaren Sprache mit viel Humor und vielen Bildern: Perfekt, um auf vergnügliche und packende Art englisch (lesen) zu üben!
Mehr über die Autorin und die Bücher gibt es auf der Homepage des englischen Verlags zu lesen. Mittlerweile ist der erste Band auch als Hörbuch erschienen, außerdem gibt es, als Fortsetzung der Trilogie, einen vierten Band und, bald, auch noch einen fünften.