Die Seefahrerin

Ja, sie ist schon eine starke Frau. Willensstark, Dickköpfig, könnte man auch sagen. Sie kommt aus Frankreich in eine fremde, exotische, raue Männerwelt. Sie geht fischen in Alaska und nur sie selbst weiß, warum. Oder weiß sie es wirklich? Sie hat einen Grund, aus ihrer Heimat abgehauen zu sein, ja, und sie will die Freiheit: Alleine, auf sich gestellt, dorthin gehen wo es ihr gerade passt. Und wenn nicht, dann eben weiterziehen. Hier findet sie diese Freiheit, die dunkle Seite der Freiheit auch mit Angst und Einsamkeit und dann verliert sie sie doch wieder, na klar, wegen eines Mannes…

 

Es ist eine starke, gradlinig erzählte Geschichte ohne Umschweife und Schnörkel. Die Welt der Fischer in Alaska wird hier lebendig. Nicht durch langatmige Beschreibungen, sondern durch kurze, knappe und doch packende Charakterskizzen der Menschen hier; plötzlich sind wir mittendrin im Hafen von Kodiak, voller Fischkutter und Bars und Piers, eine Insel am Rande des Ozeans, am Rande der Wildnis ebenso. Spannend, was sich hier auftut an Menschen und Schicksalen.

 

Das könnte ziemlich deprimierend sein, eigentlich. Denn es ist eine schräge, kaputte Welt voller kaputter Typen, die sie hier schildert und sie selbst, scheinbar mindestens ebenso kaputt, mittendrin. Aber man kann nicht aufhören, zu lesen, ja, sie schafft es bei alledem Empathie zu wecken für die verlorenen Seelen, die im Grunde ja vielleicht sogar weniger verloren sind als wir selbst – in der „heilen“ Welt, die so viele von ihnen dann eben auch nicht ohne Grund und oft ganz bewusst verlassen haben, um hier, am last frontier, das vergessene Leben vielleicht doch noch zu finden. Die große Sehnsucht. Zu ihrem Geliebten, zu dem sie ein ziemlich gespanntes Verhältnis hat, sagt sie: „Weil ich nämlich kein Haus will, ich will mehr, ich will ein Leben!“ Die Sehnsucht gilt dem Ozean, beide haben sie, auf fatale, aber auch unterschiedliche Weise.

 

Mir gefällt schon der allererste Satz des Buches: „Man sollte immer nach Alaska unterwegs sein. Wozu ankommen?“ Stark. Ja, ich finde auch, dass man lieber unterwegs sein sollte als anzukommen. Was mich beunruhigt: Auf dem Rückencover des Buches ist ein Bild von der Autorin, die das Leben der Fischer in Alaska aus eigener Erfahrung kennt. Da sieht sie aus wie Mick Jagger in seinen späten Jahren. Zerfurcht, gezeichnet, alt.

 

Egal. Ein tolles Buch. Bewegend und ergreifend. Unbedingt lesen!

 

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