Die Geschichte der Chronometer
„Eine Hommage an das Genie der Astronomen, Ingenieure und Uhrmacher“ möchte Constantin Parvluesco mit seinem opulent aufgemachten Bildband zur Geschichte der Chronometer liefern.
Chronometer dürfen nur solche Uhren genannt werden, die von einer offiziellen Gangkontrollstelle ihre Ganggenauigkeit bestätigt erhielten. Denn nur mit einer auch auf See sehr genau funktionierenden Uhr lässt sich der Längengrad bestimmen. Der Breitengrad auf See ließ sich schon früh relativ leicht ermitteln. Das Buch zeichnet zu Anfang die Entwicklung von der reinen Koppelnavigation mit Kompass und Log über die Verwendung von Astrolabium, Quadrant, Jakobsstab bis hin zu Oktant und Sextant nach.
Ab Seite 50 rekonstruiert Parvulesco (über den wir übrigens leider gar nichts erfahren) dann die Suche nach einem hinreichend genauen Chronometer. Es dauerte bis 1735, bis dem britischen Mechaniker James Harrison mit seiner Schiffsuhr H1 eine erste taugliche Uhr gelang. Die Anerkennung durch die Längengradkommission (die nach dem Tod von 2000 britischen Seeleuten gegründet wurde, die aufgrund fehlerhafter Längengrad-Vermutungen mit ihren Schiffen aufliefen) ließ jedoch noch Jahrzehnte auf sich warten. Vor allem der Königliche Astronom James Bradley legte Harrison immer wieder Steine in den Weg. Zu gerne wollte er selbst die im Longitude Act ausgeschriebene Prämie einstreichen, indem er den Längengrad mit Hilfe der Monddistanzmessung bestimmt – eine hochkomplizierte und damit für die meisten „einfachen“ Seeleute völlig untaugliche rechnerische Methode. Ausführlicher nachzulesen in Dava Sobels „Längengrad“ .
Bis sich 1791 der Chronometer endgültig durchsetzt, sind viele weitere Uhrmacher in die Produktion selbiger eingestiegen. Der Autor stellt die führenden Briten (wie John Arnold und Thomas Earnshaw), die französische LeRoy-Dynastie, den Schweizer Ferdinand Berthoud, die skandinavischen Manufakturen und die von Admiral von Tirpitz geforderte deutsche Produktion in Glashütte vor. Im Laufe von 150 Jahren schufen etwa 200 Fachleute rund 100.000 Chronometer. Das Buch endet mit der Vorstellung einer Handvoll Betriebe, die heute noch Chronometer fertigt. Die Uhrenmanufaktur Officine Panerai in Florenz bietet beispielsweise einen auf 30 Exemplare limitierten Marine Chronometer aus korrossionsfreiem Stahl an. Zu haben ab etwa 26.000 Euro.
Ein lesenswertes Buch, das jedoch aufgrund einiger Mängel nicht als der ganz große Wurf im Gedächtnis bleibt. Die Leser ohne Fachwissen aus dem Bereich Uhrmacherhandwerk, werden – wie ich – eine Einführung in die Grundlagen mechanischer Uhren oder zumindest ein Glossar, das Begriffe wie Kompensationsunruh, Hemmung, Regulier- und Massegewichte oder Isochronismus erklärt, schmerzlich vermissen. Einige Bilder wurden hässlich beschnitten und die Anordnung der Fotos erfolgte häufig scheinbar willkürlich. So werden etwa jetzt beschriebene Uhren erst viele Buchseiten später – nach diversen anderen, nicht näher erläuterten Modellen – gezeigt. Lektorat und Übersetzer übersahen leider einige Fehler. Die angegebene Imperial Nautical Mile mit 1853,18 Metern hätte beispielsweise gerne in die, deutschen Lesern geläufigen und seit 1992 international festgelegten, 1852 Meter des Äquatorialgrades für eine Seemeile geändert werden dürfen.