Es ist eine leicht verworrene Geschichte, dafür originell und charmant und so herrlich britisch. Ausgangspunkt ist der exzentrische englische Autor Arthur Ransome – hier geht es zum Literaturboot-Portrait – der vor allem für seine Kinderbücher „Swallows and Amazons“ bekannt wurde. Ransome verbrachte Anfang des 20. Jahrhunderts als Korrespondent der englischen Tageszeitung „The Guardian“ einige Jahre in der Sowjetunion und im Baltikum, wohnte auch in Moskau, spielte Schach mit Lenin und verliebte sich in die Sekretärin von Trotzky, die er schließlich heiratete und mit nach England nahm. Aber es kommt noch dicker: Der rührende Kinderbuchautor war vermutlich nicht nur Agent, sondern Doppelagent, für die Briten und für die Sowjets. In seinen späteren Jahren, die er in der Idylle des englischen Lake District verbrachte, leugnete er all das und eine gewisse Affinität zur russischen Revolution vehement, als habe es zwei Mr. Ransome gegeben.
Ein bewegtes Leben und Stoff für Romane; die jedoch schrieb er über andere Themen. Auch über das Segeln, denn Arthur Ransome war auch ein Segler und ließ sich, zu seiner Moskauer Zeit, im Baltikum ein Boot bauen mit dem er dann die Ostsee bereiste. Das Buch dazu, „Racundra’s First Voyage“, ist einer der ganz und gar unbekannten und unterschätzen Klassiker der Segelliteratur, eine wirkliche Perle – hier geht es zur Literaturboot-Rezension.
Aber das alles nur am Rande. Denn hier geht es um seine bereits erwähnten Kinderbücher, besser: Segel-Kinderbücher oder Kinder-Segelbücher. Und gewissermaßen um das Erbe davon. Dank verschiedener „familiärer Verwicklungen“, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte, segelt die Autorin Julian Jones eines der ehemaligen Boote von Arthur Ransome, „Peter Duck“. Und vielleicht ist es auch dieses Schiff, welches sie letztendlich dazu inspirierte, selber Bücher im Stile von „Swallows and Amazons“ zu schreiben.
Geboren wurde Julia in Woodbridge, Suffolk, an der Ostküste Englands. Als sie drei Jahre alt war erwarb ihr Vater, George Jones, die Segelyacht „Peter Duck“, benannt nach einer Person aus einem von Ransomes Büchern. Die Familienausflüge auf dem Schiff und dessen literarische Geschichte begeisterten Julia Jones nachhaltig für Bücher: zuerst eröffnete sie ein Buchgeschäft in Ingatestone, Essex, welches sich innerhalb kürzester Zeit zu einem kleinen Verlag entwickelte. Während der Arbeit an einer Biographie über die Krimiautorin Margery Allingham beschloss Julia, selbst Abenteuergeschichten für Kinder und Jugendliche zu schreiben – inspiriert von den „Swallows & Amazons“, die in England zur Standardliteratur für Kinder gehört. 2010 veröffentlichte sie ihr erstes Buch „Das salzbefleckte Buch“ (Salt Stained Book) als ersten Teil einer Trilogie über Segelabenteuer. Julia hofft, dass ihre Bücher eine neue Generation von Kindern motivieren wird, sich, wie die Figuren in ihren und Ransomes Büchern, in Booten herumzutreiben: „messing about in boats“, wie es auf Englisch so schön heißt.
Am Sonntag, den 21. September liest ihr deutscher Übersetzer aus eben diesem Buch, Julia selbst wird ebenfalls anwesend sein. So viel schon einmal zum Inhalt vorab: Der als Halbwaise aufgewachsene 13 jährige Junge Donny, der sich um seine hilfsbedürftige Mutter kümmert, findet sich plötzlich in den Mühlen der englischen Sozialämter wieder. Getrennt von seiner Mutter wird er in einem Pflegeheim an der englischen Ostküste untergebracht und entdeckt dort, trotz aller Schwierigkeiten mit den neuen Bedingungen und Problemen mit den Pflegeeltern, seine Freude am Segeln. Dabei stößt er auch auf ein lang gehütetes Familiengeheimnis und erkennt, dass seine Mutter ihn absichtlich von der See ferngehalten hat…
Eingeleitet wird diese Lesung durch ein paar Worte über Arthur Ransome. Wie schon bei Ransome selbst sind auch die Bücher von Julia Jones kleine, sehr feine Perlen im großen Meer der Kinder- und Jugendliteratur. Diese Lesung hat das Zeug dazu, ein tolles, ganz einmaliges Erlebnis zu werden; eine Entdeckungsreise in eine spannende und zauberhafte Welt die es zu retten und zu erhalten gilt…
Sonntag, 21. September, 15.30 an Bord der „Gesine“.
Karten gibt es, in Flensburg, bei Bücher Rüffer (am Holm), im Schifffahrtsmuseum und, weltweit, online hier.