Wer sich je mit den Lofoten, jener majestätischen Inselgruppe vor der nordnorwegischen Küste, beschäftigt hat, wird vermutlich Johan Bojers tolles Buch „Die Lofotfischer“ im Regal stehen haben. Dem Abenteurer Arved Fuchs diente das Werk als Inspiration, um am 28. Dezember 2012 seinen Haikutter „Dagmar Aaen“ gen Norden zu steuern. Eine Reise zu den Lofoten sollte die zehnköpfige Crew am eigenen Leibe erfahren lassen, was es seit Jahrhunderten Jahr für Jahr für die Fischer bedeutet, im norwegischen Winter auf die Jagd nach dem begehrten Kabeljau („Skrei“ im Norwegischen) zu gehen.
Die erste Hälfte des Buches beschreibt den Weg vom Flensburger Museumshafen zu den Lofoten. Die in Deutschland noch häufige Frage, warum sich eine Crew im Winter einen Segeltörn zu den Lofoten antut, wird in Norwegen nicht mehr gestellt. Hier sind auch im tiefsten Winter noch viele Yachten im Wasser und werden zum reinen Vergnügen in die Polarnacht hinaus gesteuert. Überhaupt stellen die Autoren Arved Fuchs und Peter Sandmeyer in Gesprächen immer wieder fest, dass das Meer für die Norweger ganz selbstverständlich einen höheren Stellenwert hat als für uns. Verständlich in einem Land, in dem 80 Prozent der Bevölkerung nicht weiter als zehn Kilometer von der Küste entfernt leben.
Nach einer ruhigen Überfahrt von Bodø zu den Lofotinseln, erlebt die deutsche Crew das unerbittliche Winterwetter am eigenen Leib. Doch trotz Schneemassen und Stürmen verwundert, dass die „Dagmar Aaen“ von den Lofoten zurück in den Festlandhafen Tromsø gesteuert wurde, bevor ihre Crew der zunächst auf der Nordseite der Inseln fangenden Lofot-Fischer-Flotte tatsächlich erstmals begegnet war. Dieses frühe Ende des Törns ist einer der Gründe, warum das Buch etwas unvollständig wirkt. Die Reiseroute ist nicht in der Karte am Anfang und Ende des Buches eingezeichnet, die Crew wird – anders als in vielen früheren Büchern von Arved Fuchs – nicht näher vorgestellt. Ein eindeutiger Hinweis darauf, dass die in grauen Kästen präsentierten Zitate aus „Die Lofotfischer“ stammen, fehlt. Das Erscheinungsjahr der deutschen Übersetzung des Buches wird mit 1923 statt richtigerweise 1924 angegeben. Der Name des porträtierten Bootsbauers Gunnar Eldjarn (oder Eldjard?) taucht in zwei verschiedenen Schreibweisen auf und weitere Fehler blieben ebenfalls unentdeckt.
Tage lang war die „Dagmar Aaen“-Crew im Hafen von Henningsvær auf den Lofoten eingeweht. Schade, dass die Autoren den Aufenthalt nicht nutzten, um das Buch um die Vorstellung der interessanten Arbeit von Heike Vester zu ergänzen. Die deutsche Meeresbiologin (www.ocean-sounds.com) erforscht hier seit 2005 die Laute von Meeressäugern wie auch von Gadus morhua, um den es im Buch vorrangig geht. Ist „Polarlicht in den Segeln“ doch – bewusst – nicht in erster Linie ein Segelbuch, sondern ein Werk über den Kabeljau, dessen Fang, dessen Zukunft in Aquakulturen, bis hin zur Zubereitung des norwegischen Traditionsessens „Mölje“. Es berichtet von Stockfisch, der Schlacht am Trollfjord, den Problemen heutiger Fischer und der besser als auf EU-Ebene funktionierenden Fischereipolitik Norwegens. So bietet das Buch eine lesenswerte aktuelle Fortführung der authentischen Erzählung „Die Lofotfischer“. Die kurzen Texte ergänzen dabei die vielen guten, häufig großformatigen Fotos von Harald Schmitt zu einem interessanten Bildband über den Kabeljaufang in den Gewässern um die Lofoten.