Und noch ein Jahresrückblick, diesmal erbaulich: Meine liebsten Bücher des Jahres 2015. Eine ganz persönliche Auswahl.
Tradewinds. Im Frühjahr traf ich, virtuell, auf den australischen Autor Chris Bowman und dessen Buch Tradewinds. Und eine nette Story hing gleich mit dran – wie es sich heraus stellte, war Chris in den Siebzigerjahren Miteigner des am Strand der romantischen Karibikinsel Bequia gebauten Schoners „Waterpearl“. Der zweite Eigner dieses hölzernen Seglers war schon damals berühmt: Bob Dylan. Er verbrachte gerne viele Zeit an Bord, zwischen den Inseln, oft alleine, oft mit Freunden und oft mit seinen Söhnen. Die ganze schöne Geschichte gibt es hier zu lesen.
Zum Schreiben dieses Buches wurde Chris natürlich auch beim Segeln in der Karibik inspiriert. Einer Karibik, wie es sie schon lange nicht mehr gibt. Ohne Massentourismus, ohne soziale Spannungen und Kriminalität, ohne Hektik. Allerdings nicht ohne Probleme. Der fiktive, aber historisch genau recherchierte Roman spielt nämlich während des zweiten Weltkriegs, der bald sogar die friedlichen und verschlafenen Inseln der Karibik erreicht. Langsam beginnt die Geschichte um das menschliche Drama einer Freundschaft, welches auf der Insel Tintamarre ein furioses Finale erreicht. Romantisch, spannend und sehr lesenswert – leider nur auf Englisch. Und leider seit einigen Wochen nicht mehr in unserem Buchladen erhältlich, aber immer noch bei Buch.de.
Tamata. Ein anderes Buchhighlight des Jahres war eine Übersetzung. Eine, wie ich auf dieser Seite schon zwei Jahre früher geschrieben hatte, längst überfällige Übersetzung: Tamata, das stärkste Buch von Bernard Moitessier. Seit diesem Jahr nun auch auf Deutsch, dank des jungen, kleinen aber feinen Aequator-Verlages. Es geht um das Leben von Moitessier, dem Blauwasser-Pionier, Philosoph, Umweltaktivisten der seiner Zeit so weit voraus war. Und weil in diesem Leben so wahnsinnig viel passierte, ist es ein entsprechend dicker Wälzer. Und sehr viel mehr, als „nur“ ein Segelbuch.
Chita. Das schmale Büchlein Chita nimmt sich dagegen wie ein Luftpostbrief aus, hat aber kaum weniger Kraft. Es ist eine romantische und dramatische Geschichte, es geht um das Leben und um den Tod und die Natur und vor allem wunderbare, weltentrückte Inseln und Inselchen weit draußen im Mississippi-Delta, von denen ich bis dahin überhaupt noch nichts wusste. Wie jedes gute Buch entführt auch dieses den Leser in eine ganz eigene, ganz starke Welt. Sehr empfehlenswert.
Sailing Conductors. Dies ist eine eher lustige Geschichte: Zwei Jungs, die wollten von Australien Reisen… Na ja, einer von beiden studierte dort und hatte die geniale (weil vollkommen verrückte) Idee, ein altes Boot zu kaufen und damit um die Welt zu schippern um Musik einzusammeln. Echte Weltmusik, sozusagen. Er rief seinen Studienfreund in Deutschland an und der war sofort begeistert. Das Projekt der Sailing Conductors war geboren, eine Weltumsegelung mit Thema. Von Musik verstanden die beiden anfangs glaube ich bedeutend mehr als vom Segeln, aber das ändert sich im Laufe der Reise schnell, denn anders als die eingangs zitierten Ameisen von Ringelnatz schaffen die beiden es, bis nach Deutschland zu segeln. Und was die Musik angeht, sie nehmen auf verschiedenen Inseln und Kontinenten Stücke lokaler Musiker auf und mischen am Ende daraus eine CD, die dem Buch beigefügt ist. In dem es auch sehr erfrischend und ehrlich um das Zusammensein an Bord und viele andere Dinge geht. Unbedingt lesen und dazu die Musik hören!
Reeds Almanach. Don’t go to sea without it. Dieser Satz, vor Jahren schon in England geprägt, sagt alles. Dieses Handbuch deckt die gesamte Nordsee und weite Teile des Nordatlantiks ab, von Skagen bis zu den Azoren und von Schottland bis Gibraltar. Gezeitentafeln, Hafenpläne, Leuchtfeuer, alles das plus dazu noch in komprimierter Form unglaublich viel Basiswissen über Erste Hilfe und Notfälle an Bord, Navigation und was nicht noch allem. Ein unglaubliches Jahrbuch, welches stets im Frühjahr neu erscheint. Selbst, wenn man gerade nicht unterwegs ist stillt es das Fernweh und macht einfach Spaß, darin zu blättern und hier und da reinzulesen. Wahrhaftig kein literarisches Werk im klassischen Sinne aber mit einem ganz eigenen Stil. Einige vergnügliche Jahre lang, in denen ich mit meinem Boot als vollzeit-liveaboard vornehmlich in eben diesen Gewässern unterwegs war, gehörte ich zur Redaktion. Aber „Der Reed’s“ gehört nicht deshalb auf meine Liste der liebsten Bücher, sondern weil er einfach so einzigartig ist. Und eine wunderbare Quelle der Information und Inspiration für jeden Seefahrer.
PS – Die Abbildung zeigt nicht den aktuellen Titel aber der Almanach 2016 kann schon bestellt werden.