Selbst auf der „boot 2016“, dieser größten Wassersportmesse, die jedes Jahr im Januar in Düsseldorf stattfindet, wurde es wieder einmal deutlich: Das Wohnen auf dem Wasser, das ist nicht nur romantisch und reizvoll, sondern heute auch ein echtes Thema. Ich selbst habe viele Jahre an Bord verschiedener Segelboote und Schiffe gewohnt, zuerst zu zweit, später mit Familie und Au Pair. Den Schritt vom festen Land aufs schwankende Boot vollzog ich zuerst in England, ich hatte mit meiner damaligen Partnerin vorher eine Weile in London gelebt. In England war das nicht weiter spektakulär, dort lebten schon immer viele Leute auf den abenteuerlichsten schwimmenden Untersätzen; unsere Freunde in Deutschland hingegen erklärten uns für, na ja, zumindest exzentrisch. Zu zweit, auf einem nur zehn Meter langen Segelboot? Geht das?
Klar geht das. Und es kann sehr schön sein und es spricht sich herum. Und wer nicht so sehr viel unterwegs sein, nicht unbedingt segeln möchte, der kann auch auf einem ungleich komfortableren Hausboot wohnen. Aber darum geht es bei diesem Buch nicht. Hier geht es um das Leben auf Boten, auf eher kleinen Booten und, vor allem, auf See- und Segeltüchtigen Booten.
Holger Petersen lebt selbst auf einem Segelboot. Und er beschreibt seinen Alltag in seinem Buch, nicht sehr persönlich und auch wenig romantisch, aber dafür stellenweise praxisbezogen detailliert. In diesem Buch finden sich also einige wertvolle Tipps für jede oder jeden, die oder der schon den Entschluss gefasst haben, an Bord wohnen zu wollen. Meist sind diese Tipps technischer Natur, wenn sie auch thematisch etwas willkürlich zusammen gewürfelt erscheinen – das liegt, glaube ich, daran, dass vieles aus dem Buch schon als Meldungen oder Blogs anderswo, in Zeitschriften und auf Webseiten, erschienen ist. Wie gesagt, eine Vermutung, und das macht überhaupt nicht, denn das tut dem Inhalt ja keinen Abbruch.
Also, ein nützliches, sympathisches Buch. Wenn es eine Kritik gibt, dann nur diese grundsätzliche Anmerkung: Es geht um das Leben an Bord, was für mich auch ein zutiefst romantischer Lebensentwurf ist. Hier wird das allerdings eher im „Klein-Klein“ des Alltags vor allem auf die Bordtechnik reduziert, auch übrigens auf viele Aspekte die für das Bootshandling und das Segeln an sich auch nützlich sind, die aber nicht spezifisch mit dem Thema Liveaboard zu tun haben. Ausgiebig zum Beispiel beschreibt er, wie er mit seiner Frau ein eigenes Mann-über-Bord Manöver entwickelt und getestet hat. Ein interessantes Thema. Aber in einem Ratgeber zum an Bord wohnen? Auch hat er sich Fenster in den Rumpf seines Bootes geschnitten, auch spannend, aber auch nicht wirklich top-relevant für jemanden, der überlegt, ob er überhaupt an Bord leben soll. Aber wie gesagt, andere Ratschläge und Hinweise sind auch wieder sehr brauchbar, so seine Hinweise zum heizen, auch die zum Internetempfang an Bord und andere.
Dennoch würde ich Holgers Tipps als oft sehr gute Anregungen sehen; als Anregungen zum selber weiter denken und zum Finden der jeweils eigenen Lösungen; nicht jedoch als quasi fertige Antworten oder gar „Gebrauchsanweisungen“. Denn das zeigt sich gerade beim Segeln und bei einer so individuellen Sache wie dem Lebensstil immer wieder – was für den einen als Ideal erscheint, ist für den anderen vielleicht eher das Gegenteil.