Die deutsche Hauptstadt von ihrer maritimen Seite vorstellen wollen Boris Klein, Sozialwissenschaftler, Lena Kuhl, Historikerin und Rudersportlerin, sowie der freie Publizist Ramón Seeliger. Berlin war immerhin von 1359 bis 1518 Hansestadt und hat längere Wasserstraßen als Venedig. Allerdings auch mehr Kanalbrücken. Also den Mast legen? Ob das Buch aus dem 2008 gegründeten Vergangenheitsverlag darüber wirklich nachdenken lässt? Ja, tut es. Denn der Anspruch des Verlages, historische Sachliteratur auf den Markt zu bringen, die Geschichte visuell attraktiv, auf hohem, aber allgemein verständlichem Niveau vermittelt, funktioniert.
Vier Touren (drei Rundtouren zwischen 20 und 30 Kilometer und eine knapp 40 Kilometer lange Fahrt auf dem Teltowkanal) werden sorgfältig vorgestellt. Die Autoren nutzen dazu die genialen Wassersportkarten aus dem Jübermann Verlag, beschreiben die Strecken samt Anlegestellen, Schleusen etc. detailliert und listen Verleiher für Kajaks, Kanus, Ruder-, Drachen-, Solar- oder Hausboote, Flöße und holländische Sloepen auf. Ferner empfehlen sie Restaurants oder Biergärten an der Strecke (selbstverständlich mit (Web)-Adresse und Telefonnummer), weiterführende Bücher oder interessante Filme.
Unter „Vertiefung“ wird dann Hintergrundwissen geboten. Zum Stralauer Fischzug etwa, einem Massenbesäufnis erster Güte, das 1873 verboten wurde, weil die Polizei den Menschenmassen nicht gewachsen war. Zur Fischerei in Berlin, den zahlreichen Strandbars oder der Hausbootkolonie im Plötzenseer Kolk.
Brillant recherchiert (samt Quellenverzeichnis – Historiker eben), flott geschrieben, mit gutem (historischem) Bildmaterial bestückt und immer mal wieder durch Interviews aufgelockert, macht das handliche feine Buch wirklich Lust auf Berlin. Zum Thema Wasser in der Hauptstadt bleibt nach 227 Seiten kaum eine Frage offen. Also: Buch kaufen, Mast legen und Leinen los.