Lage, Lage, Lage. Klar, kennt jeder Immobilien-Lehrling. Aber reden wir hier von Immobilien? Eben. Dennoch: Lage, Lage, Lage, das ist auch die Essenz des Wintersegelns, jedenfalls hier bei uns im Norden. Eine Lage norwegische Skiunterwäsche. Eine Lage T-Shirt. Eine Lage Pullover. Eine Lage Ölzeug. Oder so. Fertig zum Segeln bei Minusgraden!
Tatsächlich ist das alles ja nur eine Frage der Klamotten und der Motivation. Herrlich ist es, an einem knackigen Wintertag zu segeln, warm eingepackt, einen Becher heißen, dampfenden Kakao zwischen den Händen, Schnee an Deck, Wasser und Horizont ringsum leer, abgesehen von einem Vogelschwarm, der im Formationsflug vorbei zieht. Alles ist noch ein paar Grad intensiver. Schöner. Und erst das Ankommen, auch wenn die Sonne so früh und so dramatisch untergeht, dass man meist im Dunkeln einläuft. Ein Hafen, zum Beispiel der Stadthafen von Sønderborg, leer – komplett für uns alleine! Kurz eine Runde gedreht um Leinen und Fender klar zu machen, vorsichtig, bei dem glatten Deck, aber wir haben ja alle Ruhe und Zeit der Welt. Dann gemütlich unter Groß an die Pier gleiten, festbinden, Segel weg, kurz aufräumen, unter Deck bollert schon der Ofen, himmlisch!
Ich frage mich an solchen Tagen und Nächten – klirrend kalt, sternenklar, wunderbar! – warum wir nicht alle viel mehr im Winter segeln. Mit dem richtigen Schiff, Ausrüstung, Klamotten und Mitseglern ist das überhaupt kein Problem, keine Heldentat, kein Märtyrium. Schiffe gehören ins Wasser, nicht an Land, und sie wollen bewegt werden. Warum werden alle Yachten im Winter an Land aufgelegt? Vielleicht kommt das noch aus den Zeiten der wunderschön lackierten Holzyachten, die müssen im Winter natürlich in die Halle und gepflegt werden. Obwohl – auch und gerade Holzboote sind im Wasser besser aufgehoben. Arbeitsboote segelten schon immer rund ums Jahr – und moderne Plastikyachten können das natürlich auch.
Als meine damalige Gefährtin und ich vor vielen Jahren im Winter an der Nordküste Iberiens entlang segelten, irgendwo zwischen Baskenland, Asturien und Galizen, trafen wir eine Fahrtenyacht mit einem alten französischen Paar an Bord. Gemeinsam ankerten wir in irgendeiner Flussmündung, die Schornsteine unserer Boote rauchten, und begeistert erzählten die beiden, dass sie schon vor Jahren beschlossen hätten überhaupt nur noch im Winter zu segeln. Im Sommer müssten sie sich um ihren Garten zuhause kümmern, und außerdem wären ihnen dann die Häfen und Ankerbuchten einfach zu voll und zu laut.
Auch eine Idee. Ganz soweit würde ich aber nicht gehen, noch genieße ich auch das Segeln im Sommer. Aber im Winter – das hat schon etwas ganz eigenes. Sollte man öfter machen. Lieber ein guter Winter, als ein schlechter Sommer!