Die KR Leonhardt & Blumberg Reederei in Hamburg wird dieses Buch nicht mögen. Lassen die Tagebuchaufzeichnungen von Kapitän Krzysztof Kotiuk und seiner Frau Bozena die Verantwortlichen dort doch als gefühlskalte Geschäftsleute erscheinen, die ihre Besatzung 121 Tage in der Gewalt von Piraten ließen, um einige tausend Euro Lösegeld zu sparen. Am 4. April 2009 wird die Hansa Stavanger anderthalb Fahrtage von Mombasa entfernt von Piraten verfolgt und mit Raketenwerfern beschossen. An Bord bricht ein Feuer aus, die Piraten entern das Containerschiff und freuen sich über die fünf Besatzungsmitglieder aus Deutschland – für sie eine Garantie für hohes Lösegeld.
Der 4. April ist der Beginn eines unglaublichen, 121 Tage langen Martyriums für die Besatzung. Das Schiff verkommt zu einem Dreckloch, ständiger Lärm durch die unberechenbaren, ununterbrochen die Droge Khat kauenden Piraten raubt den Schlaf und das Hinhalten, Feilschen und Schweigen der Reederei lässt Kapitän Kotiuk und seine Crew verzweifeln. Krankheiten, Scheinhinrichtungen und Entführungen einzelner Crewmitglieder machen die Situation noch unerträglicher.
Die Aufzeichnungen von Kotiuk und seiner Frau in München, die hilflos die Verzweiflung ihres Mannes anhören muss, lassen den Leser erschaudern. Erst als die Frau mit der unglaublichen Entführung an die Presse geht, rührt sich die Reederei wirklich. Eine gruselige Geschichte, die nur schwer zu glauben ist. Den Tagebuchaufzeichnungen des Ehepaars Kotiuk sind Gedanken des Seefahrts-Journalisten Peer Schmidt-Walter zur Piraterie vorangestellt. Die Nennung bevorzugter Beute der Piraten und die Erläuterung der relevanten Artikel der Seerechtskonvention sind interessante Ergänzungen. Über seine doch recht rabiaten Einschätzungen mag man sich streiten. Eine (Mit)schuld der illegalen Plünderung somalischer Fischgründe durch internationale Fischfangflotten an der Piraterie lässt er nicht gelten und fordert stattdessen rabiateres Durchgreifen.