Das fängt ja gut an, nämlich mit einem Zitat des wunderbaren Kurt Tucholsky: „Trudele durch die Welt, sie ist so schön. Gib dich ihr hin und sie wird sich dir hingeben.“ Klar allerdings, dass Tucho, als er dies schrieb, vermutlich nicht unbedingt an eine Weltumsegelung dachte, noch nicht einmal an die Südsee. Sondern das eher allgemeiner und durchaus auch im übertragenen Sinne meinte.
Trotzdem ist dies ein schönes Motto und es macht mir die Autorin gleich sympathisch, zumindest hat sie Tucholsky gelesen. Aber nun zu ihrem Buch: Ein Dutzend „Case Studies“ von Weltumseglern hält es für uns bereit, die alle ganz nett zu lesen sind – es gibt jeweils einen kurzen Einführungstext, dann einen Fragebogen und ein Interview mit immer den gleichen Fragen, so kann man wenn man möchte gut vergleichen, und schließlich ein „Datenblatt“ über das Boot. Allerdings – das alles ergibt wenig Überraschendes. Einige Informationsperlen kann man sich herausfischen – wie viel Geld einige der Weltumsegler monatlich budgetiert hatten, zum Beispiel, denn über das Thema Geld wird ja immer noch nicht so gerne und frei gesprochen – aber im Großen und Ganzen hat man den Eindruck: Ja, stimmt alles, aber kennen wir auch alles schon: Fahre los, wenn du es kannst. Das Schiff muss nicht perfekt sein aber man muss reparieren und improvisieren können. Und so weiter…
Und das in den Fragebögen gleich 12 Mal. Die Frage nach den Versicherungen wird immer gleich beantwortet (Haftpflicht fürs Schiff, Auslandskrankenversicherung für die Crew), die Frage nach der nützlichen Webseite ebenso: Jimmy Cornells noonsite.com wird, glaube ich, ausnahmslos von allen genannt. Aber gut, auch das sind Informationen, welche die Realität wiedergeben.
Spannender fand ich da schon die individuellen Geschichten. Aus welchen persönlichen Umständen heraus sich die Weltumsegler jeweils auf ihre Reisen begeben haben und, ja, das sind nun einmal die größten Hürden, wie sie das mit Job, Familie und Geld haben regeln können. Und wie es nach der Heimkehr weiterging, das wird allerdings nur hin und wieder angedeutet.
Was mir hier persönlich fehlt, vielleicht auch zur Inspiration, sind die wirklichen Abenteurer, die Lebenskünstler, die Freaks, wenn man es so sagen will, die sich nicht ein Projekt „Weltumsegelung“ vorgenommen haben (wobei ich das hier auf keinen Fall kleinreden möchte!), sondern die einfach an Bord leben und segeln. Dauerhaft. Na gut, Wolfgang Weber fällt wohl in diese Kategorie und der taucht in diesem Buch denn auch auf. Aber sonst?
Aber sonst ist das wohl auch gar nicht die Absicht des Buches gewesen, denn das sagt ja schon der Titel: Freiheit auf Zeit. Nun gibt es etliche Liveaboards und Langzeitsegler, die kümmert es nicht weiter, ob sie Weltumsegler sind oder nicht. Die kümmert nur eins: Freiheit, aber eben nicht auf Zeit, sondern wenn möglich ein Leben lang. Vielleicht ein Thema für das nächste Buch?
Davon abgesehen, ist dies ein wirklich schönes Buch, in das man ja auch immer mal wieder hineinblättern und hineinlesen kann. Beste Urlaubslektüre, um sich selbst auch einmal hinter den Horizont zu träumen – aber Vorsicht, es besteht Ansteckungsgefahr!