Ein Paar, eine große 20-Tonnen-Ketsch, der klassische Atlantik-Kringel für etwas mehr als ein Jahr: Nach Süden bis die Butter schmilzt, rechts abbiegen im Passat und ab in die Karibik, dort den Winter segelnd verbringen und in folgenden Frühsommer über Bermuda oder die Azoren zurück nach Europa. Nicht weiter spannend? Diese Geschichte schon. Denn diese beiden, ein junges Paar aus London, die meine damalige Freundin und ich während unserer eigenen Segeljahre in Nordspanien trafen, waren blutige Segelanfänger. Als wir uns trafen, hatten beide Crews und beide Schiffe den gleichen Biskayasturm hinter sich. Noch bis zu den Kanarischen Inseln waren wir dann mehr oder weniger gemeinsam gesegelt. Diese beiden sind dann, mit anderen Freunden an Bord, über den Atlantik, durch die Karibik und abermals über den Atlantik zurück nach England gesegelt. Als wir sie in Nordspanien trafen, hatten sie nach eigener Aussage etwa 20 Tage Segelerfahrung.
Wie passt das zusammen? Vor allem nützt, gerade auch beim Segeln, der Einsatz des gesunden Menschenverstandes. Dann hatten die beiden, die sich während eines Inselurlaubes in der Karibik zu diesem Abenteuer entschlossen hatten, methodisch und intensiv Segelkurse belegt, sich auf dem Gebrauchtmarkt ihr Schiff ausgesucht, dieses dann zum Training noch eine Woche mit einem professionellen Skipper im englischen Kanal gesegelt. Dann waren sie los geschippert, von England aus immer an den Küsten entlang bis nach Südportugal, dort ein Hopser zu den Kanaren, dann – diesmal mit Freunden an Bord – über den Atlantik. Alles ging gut. Warum? Die beiden segelten immer vorsichtig, versuchten im voraus zu denken und lernten vor allem durch die Praxis rasend schnell dazu.
Anders gesagt: Einfach mal machen. Und sich nicht von Bedenkenträgern und „erfahrenen“ Seglern abschrecken lassen. Und auch nicht von langweiligen Lehrbüchern. Das Büchlein „Ich lerne Segeln“ zum Beispiel würde mich eher zum Golfen bringen, oder zum Tennis, oder Motorbootfahren. Wenn schon in der Einleitung folgendes steht: „…das Boot legt sich etwas zur Seite und gleitet lautlos davon. So einfach ist das, denkt man. Man denkt das nur solange, bis man selbst zum ersten Mal an Bord eines Segelbootes sitzt. Da geschehen plötzlich höchst verwirrende Dinge…“ – Es gibt eine Neigung bei vielen Lehrern und Lehrbüchern dazu, die Dinge möglichst kompliziert darzustellen. Gerade auch beim Segeln.
Wegen dieser „höchst verwirrenden Dinge“ könnte man ja auch mit einem, der schon segeln kann, zum ersten Mal an Bord sein und das alles einfach mal erleben und sich an wenige, weniger verwirrende Dinge halten und dann mal weiter schauen. Aber nein. Denn in diesem Buch muss man sich erst einmal den Unterschied zwischen Jolle, Kielschwerter und Kielyacht erklären lassen. Wozu, um alles in der Welt? Und dann noch mehr Theorie. Statt einfach mal zu machen. Learning by doing. Das ist wirklich kein neues pädagogisches Konzept. Denn wer dabei ist und seinen Spaß hat, möchte von ganz alleine mehr lernen – also auch die Theorie, also auch die unterschiedlichen Schiffstypen und die Fachsprache und was nicht noch alles mehr…
Viel besser in dieser Hinsicht sind da diese beiden schönen Optibücher. „Spielend Segeln lernen“ ist für wirkliche Anfänger gemacht, „Opti-Segeln“ dagegen für Kinder, die schon ein bisschen weiter sind. Die Praxis mit guten Lehrern und vielen Freunden ersetzen auch diese Bücher nicht, sie begleiten sie aber auf anregende Weise. Ganz wunderbar in dieser Hinsicht auch „Lass uns Segeln! Segelpraxis für Kids“, schon weil man hier nicht gleich auf den Opti fixiert wird. Spielerisch, gezeichnet, mit wenig Text aber viel Info, macht es Lust darauf, das Segeln mit kleinen Booten zu entdecken. Warum kann man so was nicht auch mal für Erwachsene machen?
Übrigens, für alle – Jugendliche oder Erwachsene , Anfänger oder Fortgeschrittene – ist „Die Seemannschaft“ das klassische Nachschlagewerk. Unbedingt zu empfehlen! Das beste Geschenk für einen Segler (oder Motorbootfahrer), sofern diese Person es noch nicht hat. Die „light-Version“ davon heißt „Handbuch Segeln“ und reicht aber inhaltlich nicht an das Original heran…
Also, Leute: Lasst uns segeln! Einfach mal segeln lernen, das macht enorm viel Spaß und eröffnet dem, der es möchte, eine ganz neue Welt. Und es ist überhaupt nicht kompliziert, selbst ich habe es irgendwann einmal gelernt und lerne auch immer noch mal dazu. Mit den entsprechenden Büchern kann man in sich oder anderen erst einmal den Appetit wecken. Der nächste Frühling kommt bestimmt. Und, vor allem, die Kinder mit den hier empfohlenen Büchern auf den Geschmack bringen!