Das Portrait eines freien und kreativen Geistes
»Ich gebe 80 Prozent meines Einkommens für Frauen und Schiffe aus, den Rest verschwende ich!« Das sagt Hinnerk Bodendieck so zwar nicht, doch dieser schöne Satz kommt mir bei ihm in den Sinn. Frauen und Schiffe sind, immerhin, seine Lieblingsmotive: »Zwei Leidenschaften auf einem Bild in nicht ganz eindeutiger Form vereint!«, das sagt er. Soll etwas heißen bei einem kreativen Viel-Maler wie ihm und es liegt quasi in seinen Genen. Das Zeichnen hat er sich beim Vater, Architekt, abgeschaut; die Liebe zu den Schiffen bei den Opas: der eine fuhr zur See, der andere war Schiffbauer. So hat auch der junge Hinnerk seine Boote selbst gebaut, eine Jolle zuerst und dann eine Gig, die er noch heute begeistert segelt. Ein Medizinstudium ging darüber in die Knie, wofür wir dankbar sein sollten, denn so wurde aus ihm der Maler, dessen Bilder so markant und eindringlich sind. Es ist eine realistische Malerei, mit, wie er sagt, Wurzeln im Impressionismus, in der Tradition des ausgehenden 19. und angehenden 20. Jahrhundert. Die Vorbilder waren immer realistische Maler, auch die deutschen Marinemaler Borth, Bergen, Schmidt-Hamburg. Aber Künstler? »Das wollte ich nie sein«, sagt Hinnerk. »Sogar heute eher selten! In der Schule hatte ich den Leistungskurs Deutsch, damit kann man sich eine Zukunft als Künstler nicht vorstellen!«
Wer ihn dagegen in seiner Gig segeln sieht, irgendwo im Süden bei den Voiles de Saint Tropez vielleicht, oder ihn bei der Arbeit betrachtet, hinter der Staffelei, in Shorts, Ringelshirt und Strohhut, der wird sich vielleicht etwas anderes denken. Aber was sind schon Etiketten! Wie wenig die bei einem Menschen zählen, hat er wohl auch selber erfahren bei seinem, wie er sagt, bisher spannendsten Projekt: Ein halbes Jahr malte er die Menschen auf St. Pauli, in seiner Heimatstadt Hamburg, zwischen Rentnern, Rotlicht und Normalfamilien.
Das war 2010 und ein Meilenstein in einer langen Entwicklung. Das Abitur machte er 1984, nach Zivildienst, zwei Semestern Medizin und einem Semester Germanistik kam die Fachhochschule für Gestaltung in Hamburg. Um sich zu finanzieren arbeitete er schon ab 1987, bis 1995, als Grafiker bei der Werbe- und Fotoagentur YPS von Peter Neumann.
Zur Vorbereitung seines Diploms ging er ein Jahr lang nach Madrid, auf den Spuren von Goya. Dann das Diplom in Grafik, Schwerpunkt Illustration, aber auch erste Ausstellungen mit Landschaften, Portraits und Stillleben in Öl. Als Illustrator arbeitete Bodendieck mehrere Jahre lang für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, zuerst malte er Vignetten für die Kolumnen, später machte er politische Illustrationen und Zeichnungen für Gerichtsreportagen; für das Schwesterblatt FAS (der Sonntagszeitung) entwarf er Illustrationen mit plakativen Computergrafiken.
Zurück in die Gegenwart. Die Werbung und Illustration hat er weitgehend hinter sich gelassen, heute malt er vor allem frei, für Ausstellungen und Auftraggeber. Und, natürlich, für die eingangs erwähnten Frauen: Die beiden Töchter und seine Frau.
1 comment for “Der Künstler, der keiner sein mochte”