Das Meer prägt die Bewohner der Schäreninseln – es ist Quelle ihres Lebens und ewiger Zeuge ihres Strebens und Scheiterns. Strindberg schildert die Insellandschaft oft als Idylle, das bäuerliche Zusammenleben der Schärenbewohner humoristisch. Allerdings geht es keineswegs nur beschaulich zu: In der Abgeschiedenheit wird Neuankömmlingen mit Misstrauen begegnet, Hierarchien werden ausgereizt und harte Konflikte ausgetragen zwischen Männern und Frauen, dem Einzelnen und der Gesellschaft, persönlichem Willen und höheren Mächten und Zwängen. Auch für die Befindlichkeit des modernen Menschen – zwischen Tradition, Fortschritt und Glaubenskrise – beweist der Dichter der Jahrhundertwende ein genaues Gespür. An den traditionsverpflichteten Landbewohnern beißt sich so mancher städtische Décadent die Zähne aus.
Die facettenreiche ‚Meeresprosa‘ – Erzählungen sowie die beiden Romane Die Hemsöerund Am offenen Meer – ist ein Juwel im Werk von August Strindberg und wird hier zum 100. Todesjahr des Autors erstmals in einer hochwertigen dreibändigen Ausgabe zusammengeführt. Die kommentierte Neuübersetzung von Angelika Gundlach macht dabei diverse der Verlagszensur geschuldete Streichungen rückgängig – und sorgt durch eine korrekte Verortung überdies dafür, dass Strindbergs Schauplätze endlich auf der Landkarte zu finden sind.
„Blaues Wasser, grüne Wälder, gelbe Äcker, rote Häuser mischten sich zu einem Regenbogen, der einen weniger scharfen Verstand als den eines Bauernknechts betört hätte.“ Aus: Die Hemsöer