Er ist absolut einmalig auf der Welt, informativ, vor allem aber auch hoch emotional: Der englische Shipping Forecast der BBC. Schlimm genug, das es Norddeich Radio nicht mehr gibt, aber der Shipping Forecast ist sowieso unschlagbar. Für viele, auch an Land, ist es ein allnächtliches Ritual, den Shipping Forecast um kurz nach Mitternacht zu hören – obwohl BBC 4 den englischen Seewetterbericht tatsächlich viermal am Tag sendet. Die Engländer nennen diese Sendung, die ja tatsächlich nur ein Seewetterbericht ist, einen „nationalen Schatz“. Zumindest aber ist sie unbestreitbar ein Teil der englischen Kultur. Warum ist das so?
Das beginnt vermutlich schon mit dem wunderbar melancholischen Musikstück „Sailing by“, das, auf Langwelle, direkt vor dem Forecast gesendet wird und damit den Hörern signalisiert, dass sie zur rechten Zeit die richtige Frequenz gewählt haben. Tatsache – auch in Zeiten, wo über Satellit oder GSM und Internet oder Handy diverse Kanäle zu Verfügung stehen, auf denen ständig Wetterdaten empfangen werden können, hören auch immer noch viele Seefahrer, Profis wie Amateure, vor allem den Shipping Forecast der BBC.
Viele hören ihn auch an Land. Ich auch, manchmal, wenn ich, von Fernweh gepackt, mich an Bord eines Segelschiffes irgendwo weit weg träume. Immerhin, in den sechs oder sieben Jahren, in denen ich tatsächlich als vagabundierender Liveaboard auf verschiedenen Yachten unterwegs war, hörte ich, natürlich, immer den Shipping Forecast. Jedenfalls in den Gewässern, in denen ich ohnehin am liebsten unterwegs bin, entlang der „Keltischen Kante“ des Atlantiks, zwischen Schottland im Norden und dem südlichen Portugal. Die Stationsmeldungen und Vorhersagen des Shipping Forcast sind in 31 Seegebiete aufgeteilt, die ein gigantisches Stück Atlantik und die komplette Nordsee abdecken; von Island bis Nordafrika und hinein bis in die Deutsche Bucht.
Die Namen dieser Seegebiete – South Utsira, North Utsira, Viking, Forties; oder auch Forth, Tyne, Dogger, Humber; oder auch Portland, Plymouth, Sole, Lundy… die geben auch immer wieder Stoff und Inspiration für Komiker und Persiflagen. Denn auch das ist ja typisch englisch, dieser liebenswerte Hang zur Selbstironie.
Hier auch noch einmal der wunderbare Autor und Komiker Stephen Fry:
Das Buch zum Shipping Forecast heißt „Attention all Shipping“ und wurde von Charlie Connelly geschrieben – in England, natürlich, schon lange ein Bestseller und ein Klassiker. Es geht schlicht darum, dass auch für Charlie, dem Autor, der Shipping Forecast einfach ein Teil seines Lebens ist und viele Erinnerungen auch an die Jugend bereit hält – nun bricht er auf, all die 31 Seegebiete, sofern geografisch möglich, von Land aus zu besuchen und zu beschreiben: eine wunderbare kurzweilige und originelle Reiselektüre.
Das andere Buch zum Shipping Forecast wurde von Peter Jefferson geschrieben, der mehr als 40 Jahre lang die Stimme dieser ikonischen Sendung war. In seinem Buch beschreibt er die Geschichte der Sendung, viele Hintergründe, und auch wie es ist, 40 Jahre lang den Seewetterbericht zu verlesen: „And now the Shipping Forecast“. Beide Bücher sind leider nur in englischer Sprache erhältlich; aber eine Übersetzung würde in diesem Fall auch kaum zum Thema passen!