Es ist ein für den flüchtigen Betrachter ein zunehmend undurchschaubares Durcheinander. Doch es riecht geradezu nach legalen Auseinandersetzungen und danach, dass sich der Kampf um die Kanne wieder einmal vom Wasser weg in die Büros der Anwälte verlagert. Diese Indizien sprechen dafür:
Erstens: Tom Ehman, Vizekommodore des veranstaltenden Golden Gate Yacht Club und Sprecher des Clubs, gab gestern ein Statement heraus, dass mit den ominösen Worten beginnt: „We are pleased to report that the Appellate Division of the New York Supreme Court ruled today on Golden Gate Yacht Club’s motion to dismiss Africa Diaspora Maritime’s lawsuit against GGYC.“ Soviel ist sicher – wenn hier schon von einem „lawsuit“, also einer möglichen Klage gegen den GGYC die Rede ist, dann ist die Lage ernst – vor allem dann, wenn dementiert wird.
Zweitens: Heute Morgen in Scuttlebutt gab es gleich mehrere delikate Neuigkeiten. Zum Beispiel, dass das Team New Zealand mit den geplanten Änderungen der Veranstalter nicht einverstanden ist. Dabei geht es, laut TNZ, um Änderungen am Design der Boote; und das nur zwei Wochen vor dem angekündigten Start der Louis Vuitton Cup Serie. Beide Teams stellen in Frage, ob Regattadirektor Ian Murray überhaupt die Kompetenz besitzt, solche Änderungen durchzusetzen. Sie bereiten schon jetzt einen Protest bei der internationalen Jury vor. Es geht dabei um bewegliche Anhänge an den Rudern, die laut Klassenregeln bis jetzt nicht erlaubt seien; mit denen das Oracle Team im Training aber angeblich schon gesegelt ist. Würden sie jetzt erlaubt, könnten die Herausforderer bis zum Start des LV Cup kaum noch reagieren; Oracle dagegen hätte noch gut zwei Monate Zeit, nämlich bis zum Start der eigentlichen AC-Serie, um diese Technik weiter zu verfeinern.
Drittens: Eine Mediation über vier Tage über die zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen zwischen den Veranstaltern und dem Team NZ und Luna Rossa hat kein konkretes Ergebnis gebracht.
Viertens: Paul Cayard, Chef des Artemis Racing Team, sagte in einem Interview mit dem San Francisco Chronicle am Feitag: Die 72 Fuß Katamarane seien für San Francisco, einem der windigsten Segelreviere der Welt, zu groß, zu powervoll und zu gefährlich. Das hätte man früher erkennen können und müssen. Obwohl einerseits klar sei, dass zusätzliche Sicherheitsregeln für den Cup eingeführt werden sollen, herrsche über wichtige Details noch Uneinigkeit unter den Teams.
Fünftens: Wenn die Teams sich nicht einigen können, könnten die Veranstalter die US Coast Guard dazu nutzen, ihre eigenen Entscheidungen durchzusetzen – die Coast Guard muss eine offizielle Erlaubnis für die Cup Regatten geben – die offenbar noch gar nicht vorhanden ist. Sollten die Teams diese Entscheidungen jedoch nicht akzeptieren, könnte der ganze America’s Cup abgesagt werden…
Was für ein Durcheinander. Und das noch nicht einmal mehr zwei Wochen vor dem Start der Ausscheidungsserie der Herausforderer. An der, wie es derzeit ausseht, ohnehin nur zwei Teams werden teilnehmen können: Team New Zealand und Luna Rossa. Artemis, der dritte Herausforderer, wird seinen Katamaran bis zum Start noch nicht wieder Segelklar haben. Geschäftsleute und Politiker aus San Francisco erwogen daher auch schon, die Veranstalter dieses America’s Cup auf Schadensersatz zu verklagen: Mit offenbar falschen Versprechen habe man die Stadt dazu überredet, Millionen zu investieren; der „Summer of Sailing“ würde ein Megaevent werden. Die Veranstalter hatten einst mit sehr viel mehr herausfordernden Teams gerechnet (und geworben), nun sieht es damit ja eher dürftig aus.
Allerdings – der Unterhaltungswert des America’s Cup wurde ja schon immer eher an Land als auf dem Wasser generiert! Zumindest dieser Tradition bleibt auch die aktuelle Ausgabe des Cups treu.
Dazu unsere aktuellen Buchtipps (in englischer Sprache):
America’s Cup – Sailing on the Edge