Der Bennéle Verlag publiziert Segelbücher – aber nicht nur. Dabei ist der Verlag am Ende eines langen Segeltörns geboren…
Immer mehr machen es, aber viele träumen auch nur davon – einmal auf den ganz großen Törn zu gehen, ein ganzes Jahr lang zu segeln, zwei, drei oder mehr Jahre. Oder für immer? So unterschiedlich wie die Menschen sind, die mit ihren Booten auf Langfahrt gehen, so unterschiedlich natürlich auch ihre Umstände. Einige sind mit kleinem Geld auf großer Fahrt, andere mit großem Budget und großen Booten unterwegs; einige suchen eine erholsame Auszeit vom Alltag, andere ein handfestes Abenteuer.
Dabei beginnt für viele das Abenteuer am Ende des Törns, wenn es wieder zurück an Land geht. Auch hier gibt es die unterschiedlichsten Fälle. Einige finden nach einem Jahr „Auszeit“ an Bord ganz einfach wieder in ihr „altes Leben“ zurück; vor allem dann wenn von vornherein nur dieses eine Jahr geplant war. Andere versuchen es und schaffen es nicht, verkaufen schließlich alles was sie haben (außer dem Schiff), ziehen zurück an Bord und nomadisieren fortan durch die Welt. Doch auch zwischen diesen beiden Extremen gibt es natürlich jede Menge andere Lebensläufe, darunter viele spannende Geschichten; denn so ganz und gar unberührt bleibt wohl niemand, der einmal eine längere Zeit unter Segeln unterwegs war. Einer, Jürgen Föhr, kehrte zwar gemeinsam mit seiner Frau Beate an Land zurück. Doch das Sabbatjahr unter Segeln hat zumindest sein Leben dann doch komplett verändert: Er wurde Autor und Verleger.
Dabei ist er von Beruf eigentlich Maschinenbau-Ingenieur. „Das war aber nicht wirklich meine Welt“, sagt Jürgen Föhr, „also sattelte ich um und entwickelte Software für Produktionsmaschinen“. Privat entwickelte er auch Software, um nämlich die Börsenkurse verschiedener Aktien statistisch auszuwerten. „Das war ganz typisch für die Neunzigerjahre“, sagt er. „Dann bekam ich aber zunehmend mehr Zweifel an dem, was ich tat. Die Macht des Geldes über die Menschen und die Welt, das wurde mir damals sehr bewusst!“
Beate Föhr arbeitete, und arbeitet auch jetzt wieder, als Beamtin in der Verwaltung. Sie beantragte ein Sabbatjahr, und schon ging es auf Langzeittörn. Dabei waren die beiden nicht gerade das, was man gemeinhin „erfahrene Salzbuckel“ oder ähnliches nennt. „Wir haben erst einige Jahre vorher mit dem Segeln begonnen. Auch deswegen hatten wir nach unserem Törn so ein besonders gutes Gefühl!“ Immerhin segelten die beiden vom Ijsselmeer bis zu den Kanarischen Inseln und über Schottland zurück in den Heimathafen. Ein spannender und seglerisch sehr anspruchsvoller Törn.
„Wir haben auch als Paar Erfolg gehabt“, sagt sie. „Wir haben uns in dem ganzen Jahr an Bord nicht gestritten, wir sind zusammen los gesegelt und zusammen zurückgekommen.“ Was ja auch nicht selbstverständlich ist.
Vom Segeln hatten sie jahrelang geträumt, haben die Bücher der Weltumsegler verschlungen, wie sie sagen: „Die sind raus in die Welt gesegelt, haben ihre Leben gestaltet, so viele Dinge erlebt von denen wir nur träumten.“ Irgendwann reichte ihnen das Träumen nicht mehr, sie setzten ihren eigenen Plan um. „Das Sabbatjahr ist ein solch kostbares Geschenk“, sagt Beate Föhr. „Das eine Jahr ist zwar endlich, aber ein tolles Geschenk. Allerdings war es auch sehr schnell um. Als ich nach einem Jahr in meinen alten Job zurückkam, sagten die Kollegen ganz verwundert – nanu, schon wieder da? Die Welt, in der wir gelebt haben, konnten die nicht verstehen.“ Dennoch war sie schnell wieder in ihrem alten Leben angekommen, sie musste ja auch wieder arbeiten.
Bei Jürgen Föhr hingegen sah es schon etwas anders aus. Ihm fiel es schwer, sich wieder in ein Leben an Land zurück zu finden. „Der freie Blick auf den Horizont, das ist etwas Wunderbares“, schwärmt er noch heute. „Nach der Reise fiel ich in ein großes Loch. Wie oft war ich damals wieder im Kopf auf See und wieder unterwegs!“ Dafür entdeckte er durch die Reise noch etwas. „Ich hatte ja vor der Reise schon viel gelesen. Aber selber schreiben? Kein Gedanke! Unterwegs berichtete ich per e-Mail von unserem „Alltag“. Es waren ja quasi Briefe, unreflektiert – aber die Reaktionen auf diese Mails waren faszinierend. Mir wurde bewusst, dass meine Worte Bilder in den Köpfen der Leser erzeugen. Bald meldeten sich auch fremde Leute, die sagten, es habe ihnen durch den Tag geholfen diese Berichte zu lesen – das ist doch ein faszinierendes Kopfkino!“
So ist aus dieser Reise das Buch „Frühstück mit Delphinen“ entstanden, als Törnbericht. Das an sich wäre noch nicht so ungewöhnlich, aber Jürgen Föhr entdeckte mehr in sich. Schrieb eine Fantasy-Trilogie. Angesiedelt in einer wunderbaren, bunten Welt; die Landschaft, sagt Jürgen Föhr, sieht ein wenig aus wie in Schweden. Sein Antrieb zum Schreiben war eine grundlegende Erkenntnis: „Wenn du es willst, dann ändere was in deinem Leben!“ Allerdings, das erste Buch war zu einer Zeit fertig, als die Fantasy-Welle bei den etablierten Verlag schon wieder am ebben war. Es folgte auch für Jürgen Föhr die klassische Odyssee durch Verlage und Agenten. Doch mit der Zahl der Absagen wuchs seine Entschlossenheit: „Ich wusste, das ich das beruflich weiter machen wollte.“
So beschloss er, sein Schicksal herauszufordern. Ewas, das er vor der Reise vielleicht so nicht getan hätte: „Wir haben ja auch sehr viel positives Denken gelernt, auf unserem Törn!“ Also auch hier: Den ersten Schritt wagen, die Dinge sich dann entwickeln lassen. „So war das mit dem Verlag. Wir haben ihn im Juni 2010 gegründet. Seitdem haben sich schon unglaublich viele Türen geöffnet!“ Das erste Buch der „Elwin-Trilogie“ verkaufte sich sehr gut, 500 Exemplare in nur drei Monaten. „Nicht schlecht für ein Erstlingswerk“, schmunzelt Föhr. „Dann allerdings machte ich den typischen Anfängerfehler: Die zweite Auflage war zu hoch!“
Learning by doing. Immer noch eine der effektivsten Methoden! Als sie ihr Segelbuch verlegt hatten, kam Angelika Böcker mit dem Manuskript der „Baltischen Sommer“ auf sie zu, der Autor Paul Werner fand sie dann im Internet. „Eine sehr erfreuliche Entwicklung“, wie Jürgen Föhr meint. Der zweite Elwin-Band erschien 2011, der dritte 2013. Neben den klassischen Papierbüchern, als Hardcover und als Paperback, verlegen sie jetzt auch e-Books: „Das hat uns noch einmal einen ganz gehörigen Schub verpasst!“ Nun gibt es schon eine Agentur, die vor allem von „Elwin“ Lizenzen in das Ausland verkaufen soll.
So hat der Verlag noch einige Pläne. Aber auch Jörgen Föhr als Autor. Wie das beides zeitlich zu vereinbaren ist, wird man sehen. Belletristik soll fortan ein Thema werden, im Verlag und auch bei Jürgen Föhr als Autor. Doch auch Fantasy und vor allem die Segelliteratur werden einer der Eckpfeiler des Verlages bleiben. „Bei den Segelbüchern kennen wir die Zielgruppe und wissen auch, wie wir sie erreichen!“
Schon sind neue Titel in der Vorbereitung. Der Bennéle Verlag ist ein noch sehr kleiner, aber schon spannender Verlag. Das Programm wird mit Herz und Verstand gestaltet, die Bücher professionell lektoriert und liebevoll produziert. Mal sehen, was hier noch alles erscheint! Literaturboot wird auf jeden Fall weiter berichten.
Zur Rezension von „Frühstück mit Delphinen“
Zur Rezension von „Baltische Sommer“
Zur Rezension von „Gentlemen segeln nicht gegen den Wind“
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