Rund um die Welt in bunten Bildern

Wer Segler und ein wenig frankophil ist, dem ist die Vendée Globe Regatta um die Welt längst ein Begriff. Alle vier Jahre starten Solo­segler von Les Sables d’Olonne auf ihren einsamen Trip rund um den Globus. Jedes Mal gehen auch neue Bücher zum Thema an den Start. Dieses Jahr sorgte Verleger Dargaud für unser persönliches Highlight.

Der Titel “Histoires du Vendée Globe” tönt nicht gerade verlockend. Natürlich lebt die Vendée Globe von den legendären Stories eines Yves Parlier oder spektakulären Rettungsaktionen unter den Konkurrenten im Südpazifik. Aber das kennt man ja bereits zur Genüge und Fotos gibt es davon genug. Die Autoren Chenet und Garreta haben sich für einen anderen Weg entschieden und die kleinen und grossen Dramen der letzten Edition in Wort und Bild festgehlten. In bester französischer Tradition haben sie das als Bande Dessiné, als Comic verpackt. Und diese ganz spezielle Kombination macht das Buch auch für Leser interessant, die mit dem Französischunterricht nur schlechte Erinnerungen verbinden. Die Fotostories erzählen sich von selbst, wer natürlich noch die Legenden der erklärenden Zeichnungen und die eingeschobenen Leseseiten versteht, hat mehr vom Leben und der Lektüre. Der Zeichnungsstil bedient sich meistens fotografischer Vorlagen und spielt dort seine Stärken aus, wo eben keine Fotolinse vor Ort war. Sehr schön an der Sequenz zu sehen, wo Jean Le Cam im Rumpf seines gekenterten Imocas ums Überleben kämpft. Gekonnt inszenierte Bildstrecken zeigen in fast filmischer Manier den Ablauf der Ereignisse – der für das Szenario zuständige Alexandre Chenet versteht sein Handwerk. Zeichner Renaud Garreta gelingt das Kunststück, über die 120 Seiten nie langweilig zu werden oder gar den Bogen an Crash, Bumm und Boing zu überspannen. Er setzt Dramatik gekonnt dort ein, wo sie hingehört und lässt das Auge dank monochromen Seiten auch einmal ausruhen. Verschiedene Autoren und die Segler selbst sorgten für faktenreichen Input, der sehr schön an Infographik-ähnlichen Zeichnungen dargestellt wird. Man versteht nun bildlich, warum ein Antizyklon für das Rennen matchentscheidend sein kann – speziell dann, wenn er vor dem berüchtigten Pot-au-Noir liegt. Auf rund 10 Seiten bekommt man am Schluss des Buches noch kompaktes Wissen inklusive Lexikon mitgeliefert. Besonders interessant fand ich die Übersicht der Imoca-Yachten. Einmal gebaut, haben sie mehrere Leben und wechseln mit jedem neuen Besitzer auch den Sponsor und ihren Look. So sieht man sehr schön das lange und bewegte Leben von Alan Rouras “La Fabrique”, die Ex-Superbigou von Bernard Stamm. Was die Yacht in ihren 16 Lebensjahren bereits alles vollbracht hat – Chapeau! Samantha Davis hat es als einzige ausländische Skipperin in die Phalanx ihrer französischen Kollegen im Buch geschafft. Dabei dauerte ihr Vendée Globe Abenteuer durch einen frühen Schaden nur kurz.

 

Natürlich wird das Rennen von französischen Seglern dominiert, aber einen Wavre oder Stamm vermissen wir doch sehr – immerhin war Helvetia mit gleich zwei Skippern am Start. Dafür hat es Alan Roura in den technischen Teil geschafft – nicht schlecht für die Aktualität des aufwändig realisierten Buches, denn 11 Monate vor dem Start war Alan noch ganz ohne Boot. Weniger gut gelungen ist das Cover. Das Bild des Steuermanns ruft im Kopf Vergleiche zu den Volvo Ocean Rennen wach – Imocas verfügen nur in den seltensten Fällen über Steuerräder und werden sonst per Pinne gesegelt. Aber das wäre eigentlich schon die ganze Kritik – und damit lässt es sich leben und lesen.

 

Unser WAVE-Tipp Absolute Kaufempfehlung. Lesen und mitsegeln – und sich dann das Buch bei der nächsten Gelegenheit von Alan Roura signieren lassen. Am nächsten Wave Event haben Sie die Möglichkeit dazu.

 

Histoires du Vendée Globe Szenario Chenet Alexandre Zeichnungen Garreta Renaud Hardcover, Format 22 x 29 cm, 128 Seiten Hors Collection, Dargaud, € 17,95

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