Schwere See

Die Weltmeere sind in Not. Und Umweltschutz ist längst kein Randthema der Gesellschaft mehr. Dennoch passiert von alleine nichts, was die akuten Probleme lösen würde. Zum Glück gibt es eine globale Organisation, die sich als Anwälte der See verstehen. Und dabei höchst aktiv agieren. Von Detlef Jens

Dies ist die gute Nachricht: Man kann noch etwas ändern. Gegen Überfischung und den Kollaps der Ozeane. Davon ist Dr. Kristian Parker, Meeresbiologe und einer der Direktoren  von Oceana, überzeugt. Die meisten Fischbestände sind in Küstennähe, befinden sich also unter der Legislatur einzelner Nationen. Die können sich kümmern – Fangquoten, Beifang etc. – und dank der Arbeit von Oceana gibt es dabei auch schon Erfolge. Die etwas weniger gute Nachricht lautet: Es bleibt unglaublich viel zu tun und wenn nichts passiert, endet es in einer Katastrophe.


Die Ostsee ist quasi ein Binnensee mit nur einem Zugang durch Skagerrak und Kattegat zum Salzwasser der Ozeane. Die Ostsee ist vor allem mit Brackwasser gefüllt, gespeist durch große Flüsse und Schnee-Schmelzwasser im Frühjahr. Vor allem auch in Bezug auf den Sauerstoffgehalt ist dies ein eher sensibles System. Gleichzeitig ist die Ostsee eines der am stärksten verschmutzten Gewässer der Erde. Schleppnetze, die über den Grund gezerrt werden (die sind in vielen anderen Regionen der Welt schon länger verboten!), ein enorm hoher Beifang und unregulierte, unkontrollierte Überfischung strapazieren die Fischbestände. Schon sind Aale, Lachs und Seeforelle in der Ostsee vom Aussterbe bedroht. Und unter Wasser sind riesige Flächen schon jetzt tote Wüsteneien, denn die ohnehin empfindlichen Lebensräume hier leiden unter der Einleitung von landwirtschaftlichen Düngern und industriellen Abwässern.

Die Ostsee, ein Fall für die Intensivstation. Oceana, die global agierende Organisation zum Schutz der Weltmeere, hat daher in diesem Jahr ein Büro in Kopenhagen eröffnet, von wo aus die Aktivitäten und Maßnahmen zum Schutz der Ostsee koordiniert werden. Gegründet wurde Oceana 2001 und ist heute die größte internationale Organisation, die sich ausschließlich mit dem Schutz der Ozeane und maritimen Ökosystemen beschäftigt. Die Büros in Europa (Spanien und Dänemark), Nord-, Mittel- und Südamerika arbeiten auch gemeinsam an einigen globalen Kampagnen. Basis dieser Aktivitäten sind gründliche wissenschaftliche Forschungen um Probleme und Lösungen zu identifizieren. Diese Ergebnisse geben dann dem internationalen Team von hochrangigen Ökonomen und Anwälten das Material, um gegen Missstände vorzugehen und messbare Erfolge für die Ozeane zu erzielen.

Einem Bericht von Oceana zufolge ist die gesamte europäische Fischereiflotte etwa zwei bis drei Mal so groß wie sie es für eine nachhaltige Fischerei sein dürfte. Diese massive Überkapazität ist vor allem auf eine Subventionierungspolitik durch die EU zurückzuführen, die in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Erträgen der Fischerei stehen. Dabei führt gerade eine massive Subventionierung der Überkapazitäten zu einem weiteren Rückgang der Erträge – eine negative Entwicklung die nicht nur ökonomisch sinnlos, sondern vor allem für die Meere ökologisch katastrophal ist.

Der komplette Bericht kann auf der Internetseite von oceana.org eingesehen werden. Er bietet einen Überblick über die Höhe der Subventionen sowie eine in Länder gegliederte Analyse der Subventionen als Indikator für ökonomische Ergebnisse.

Ähnlich kritisch betrachtet Oceana, ebenfalls auf der Webseite nachzulesen, den Entwurf einer neuen gemeinsamen Fischereipolitik in der Ostsee: Als einen halbherzigen und vollkommen unzureichenden Ansatz, die Probleme der Region anzugehen. Ohne auf die vielen Einzelheiten an dieser Stelle einzugehen als Beispiel nur dies: 75 Prozent der kommerziell genutzten Fischbestände bleiben demnach ohne Kontrolle oder Management und es bleibt den Fischer überlassen, ihre Fangquoten zu kaufen und zu verkaufen. Eine Regulierung also, die durch den Markt übernommen wird, jedoch nicht auf der Basis der vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Notwendigkeiten. Im Januar 2013 soll dieser Entwurf beschlossen werden und wenn er nicht substanziell geändert wird, dürfte es für die EU sehr schwierig werden, das in ihrem gemeinsamen „Maritime Strategy Framework Directive“ fixierte Ziel zu erreichen – nämlich bis 2020 eine positive Umweltbilanz vorlegen zu können.

Allerdings, Oceana könnte dabei helfen. Mehr Informationen dazu auf der Webseite www.oceana.org

Dieser Artikel war zuerst in der Zeitschrift GOOSE erschienen – www.classics.robbeberking.de

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