Mein Fehmarn

Fehmarn. Mein Gott, Fehmarn. Wanne-Eickel an der See, oder? Geografisch so dicht, war mir diese Insel immer sehr fern, aber so geht es einem mit Reisezielen ja oft: Das Gute direkt vor der eigenen Tür wird übersehen. Oh wie schön ist Panama! Da muss dann schon ein wunderbarer Erzähler wie Mirko Bonné kommen, Schriftsteller, Übersetzer, Kritiker und was nicht noch alles, in Hamburg lebend, damit einer wie ich auf diese Insel aufmerksam wird. Tolle Bücher hat er geschrieben, über die reden wir aber vielleicht einmal an anderer Stelle, heute, jetzt, also: Fehmarn. Die mir so ferne Insel wächst einem hier schon fast ans Herz, in Mirko Bonnés Erinnerungen und Schilderungen der „Sommerinselkinder“, der Kindheit und Jugend seines alter ego Marko in den vielen auf Fehmarn verbrachten Sommerferien. Großartig, wie hier die Welt des Heranwachsenden mit der nicht ganz einfachen Geschichte seiner Familie und der Inselgeschichte verwoben wird, wie die Orte und Menschen der Insel auf den Seiten dieses Buches lebendig werden. Über den elfjährigen Marko schreibt Mirko zum Beispiel diesen schönen Satz: „Es war in Wahrheit die Insel, Fehmarn selbst gab ihm den Rat, sie zu entdecken und so den Reichtum des Sommers, anstatt sich vom Kummer anstecken und beherrschen zu lassen.“ Der Untergang des Segelschulschiffes Niobe, urlaubende Altnazis, die Fehmarnsundbrücke, Jimi Hendrix’ letztes Konzert, der Maler Ernst Ludwig Kirchner, die alten Bauern der Insel, all das und noch viel mehr lernen wir neu, aus einem bestimmten Blick, kennen.  An einer anderen Stelle schreibt Mirko: „Der jugendliche Marko, der Marko der noch nicht selber Vater war, wusste genau, dass er noch lange brauchen würde, bis er in Worte zu fassen versuchen konnte, was die Insel, ihr Licht, ihre Verlangsamung, ihre Gerüche und ihre Stille ihm bedeuteten“. Nun, vielleicht brauchte er lange, aber am Ende ist es ihm gelungen. Auch als Erwachsenen zieht es Marko nach Fehmarn. „Marko ertappte sich dennoch immer wieder bei einem wohligen Gefühl, wenn er dachte, dass sich auf der Insel eigentlich nichts von dem geändert hatte, was ihm immer wirklich wichtig gewesen war, nicht die Ruhe, nicht die Geräusche, nicht die Sonne, nicht die Wärme, nicht die Kinder, Farben, Vögel oder Dünen, nicht die Wellen und schon gar nicht die Fledermäuse und die Sternbilder nachts in der endlosen Schwärze über den leise summenden Feldern.“ Wundersame, wunderbare Insel Fehmarn. Danke, Mirko und Marko, mir dafür die Augen geöffnet zu haben!

 

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